Liederreise 1
„Über meiner Mütze nur die Sterne“
Volkslied
Mir ist ein schöns brauns Maidelein
Mir ist ein schöns brauns Maidelein
gefallen in den Sinn,
wollt Gott, ich sollt heut bei ihr sein,
mein Trauern führ dahin.
Kein Tag noch Nacht hab ich kein Ruh,
das schafft ihr schön Gestalt.
Ich weiß nicht, wie ihm fürbaß tu,
mein Feinslieb macht mich alt.
Dem Mägdlein ich gern dienen will,
wenn ichs mit Fugen kunnt;
darum hab ich der Neider viel,
daß mir nit wird vergunnt.
Ich hoff, sie solls erfahren bald,
wie ich´s so treulich mein.
Auf Erd ich mir nichts wünschen wollt,
denn zu sein bei ihr allein.
Dem Maidlein ich mein Treu versprich,
zu Ehrn und anders nicht;
Alls was doch fromm und ehrlich ist,
danach ich stets mich richt.
Sollt denn mein Treu verloren sein,
kränkt mir mein Sinn und G'müt;
ich hoff sie solls erfahren schier,
mein Sach soll werden gut.
Damit will ich dem Maidelein
gesungen haben frei,
zu guter Nacht ein Liedelein,
alls Guts wünsch ich dabei,
damit daß sie gedenkt an mich,
wenn ich nit bei ihr bin.
So b'üt dich Gott im Himmelreich,
ade, ich fahr dahin!
Oscar Hammerstein
Edelweiss
Edelweiss, Edelweiss,
Every morning you greet me.
Small and white,
Clean and bright
You look happy to meet me.
Blossom of snow may you bloom and grow,
Bloom and grow forever.
Edelweiss, Edelweiss,
Bless my homeland forever.
Joseph von Eichendorff
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nur träumen müßt.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Jean de la Ville de Mirmont
Diane, Séléné... - Diane, Mondgöttin...
Diane, Séléné, lune de beau métal,
Qui reflète vers nous, par ta face déserte,
Dans l'immortel ennui du calme sidéral,
Le regret d'un soleil dont nous pleurons la perte.
O lune, je t'en veux de ta limpidité
Injurieuse au trouble vain des pauvres âmes,
Et mon coeur, toujours las et toujours agité,
Aspire vers la paix de ta nocturne flamme.
Heinrich Heine
Die Lotosblume
Die Lotosblume ängstigt
Sich vor der Sonne Pracht,
Und mit gesenktem Haupte
Erwartet sie träumend die Nacht.
Der Mond, der ist ihr Buhle,
Er weckt sie mit seinem Licht,
Und ihm entschleiert sie freundlich
Ihr frommes Blumengesicht.
Sie blüht und glüht und leuchtet,
Und starret stumm in die Höh;
Sie duftet und weinet und zittert
Vor Liebe und Liebesweh.
Franx- Xaver von Schlechta
Liebeslauschen
Hier unten steht ein Ritter
Im hellen Mondenstrahl,
Und singt zu seiner Zither
Ein Lied von süßer Qual;
»Lüfte, spannt die blauen Schwingen
Sanft für meine Botschaft aus,
Rufet sie mit leisem Wiegen
An dies Fensterlein heraus.
Sagt ihr, daß im Blätterdache
Seufz' ein wohlbekannter Laut,
Sagt ihr, daß noch einer wache,
Und die Nacht sei kühl und traut.
Sagt ihr, wie des Mondes Welle
Sich an ihrem Fenster bricht,
Sagt ihr, wie der Wald, die Quelle
Heimlich und von Liebe spricht!
Laß ihn leuchten durch die Bäume,
Deines Bildes süßen Schein,
Das sich hold in meine Träume
Und mein Wachen webet ein.«
Doch drang die zarte Weise
Wohl nicht zu Liebchens Ohr,
Der Sänger schwang sich leise
Zum Fensterlein empor.
Und oben zog der Ritter
Ein Kränzchen aus der Brust;
Das band er fest am Gitter
Und seufzte: »Blüht in Lust!«
»Und fragt sie, wer euch brachte,
Dann, Blumen, tut ihr kund:-«
Ein Stimmchen unten lachte:
»Dein Ritter Liebemund!«
Aus einem alten Liederbuch
Morgentau
Der Frühhauch hat gefächelt
Hinweg die schwüle Nacht,
Die Flur holdselig lächelt
In ihrer Lenzespracht;
Mild singt vom dunklen Baume
Ein Vöglein in der Früh,
Es singt noch halb in Traume
Gar süße Melodie.
Die Rosenknospe hebet
Empor ihr Köpfchen bang,
Denn wundersam durchbebet
Hat sie der süße Sang;
Und mehr und mehr enthüllet
Sich ihrer Blätter Füll',
Und eine Träne quillet
Hervor so heimlich still.
Oscar Hammerstein
Oh, what a beautiful mornin´ - O was für ein schöner Morgen
There's a bright golden haze on the meadow,
There's a bright golden haze on the meadow,
The corn is as high as an elephant's eye,
An' it looks like it's climbin' clear up to the sky.
Oh, what a beautiful mornin',
Oh, what a beautiful day.
I got a beautiful feelin'
Ev'rything's goin' my way.
All the cattle are standin' like statues,
All the cattle are standin' like statues,
They don't turn their heads as they see me ride by,
But a little brown mav'rick is winkin' her eye.
Oh, what a beautiful mornin',
Oh, what a beautiful day.
I got a beautiful feelin'
Ev'rything's goin' my way.
All the sounds of the earth are like music,
All the sounds of the earth are like music,
The breeze is so busy it don't miss a tree,
And an ol' weepin' willer is laughin' at me!
Oh, what a beautiful mornin',
Oh, what a beautiful day,
I got a beautiful feelin'
Ev'rything's goin' my way.
Oh, what a beautiful day.
Franz-Xaver von Schlechta
Fischerweise
Den Fischer fechten Sorgen
Und Gram und Leid nicht an;
Er löst am frühen Morgen
Mit leichtem Sinn den Kahn.
Da lagert rings noch Friede
Auf Wald und Flur und Bach,
Er ruft mit seinem Liede
Die gold'ne Sonne wach.
Er singt zu seinem Werke
Aus voller frischer Brust,
Die Arbeit gibt ihm Stärke,
Die Stärke Lebenslust.
Bald wird ein bunt Gewimmel
In allen Tiefen laut
Und plätschert durch den Himmel,
Der sich im Wasser baut.
Doch wer ein Netz will stellen,
Braucht Augen klar und gut,
Muß heiter gleich den Wellen
Und frei sein wie die Flut.
Dort angelt auf der Brücke
Die Hirtin. Schlauer Wicht!
Gib auf nur deine Tücke,
Den Fisch betrügst du nicht!
Joseph von Eichendorff
Der Musikant
Wandern lieb ich für mein Leben,
Lebe eben wie ich kann,
Wollt ich mir auch Mühe geben,
Paßt es mir doch gar nicht an.
Schöne alte Lieder weiß ich,
In der Kälte, ohne Schuh
Draußen in die Saiten reiß ich,
Weiß nicht, wo ich abends ruh!
Manche Schöne macht wohl Augen,
Meinet, ich gefiel' ihr sehr,
Wenn ich nur was wollte taugen,
So ein armer Lump nicht wär!
Mag dir Gott ein'n Mann bescheren
Wohl mit Haus und Hof versehn!
Wenn wir zwei zusammen wären,
Möcht mein Singen mir vergehn.
Christian Friedrich Daniel Schubart
Die Forelle
In einem Bächlein helle,
Da schoß in froher Eil
Die launische Forelle
Vorüber wie ein Pfeil.
Ich stand an dem Gestade
Und sah in süßer Ruh
Des muntern Fischleins Bade
Im klaren Bächlein zu.
Ein Fischer mit der Rute
Wohl an dem Ufer stand,
Und sah's mit kaltem Blute,
Wie sich das Fischlein wand.
So lang dem Wasser Helle,
So dacht ich, nicht gebricht,
So fängt er die Forelle
Mit seiner Angel nicht.
Doch endlich ward dem Diebe
Die Zeit zu lang. Er macht
Das Bächlein tückisch trübe,
Und eh ich es gedacht,
So zuckte seine Rute,
Das Fischlein zappelt dran,
Und ich mit regem Blute
Sah die Betrogene an.
Joseph von Eichendorff
Heimweh
Wer in die Fremde will wandern,
Der muß mit der Liebsten gehn,
Es jubeln und lassen die andern
Den Fremden alleine stehn.
Was wisset ihr, dunkle Wipfel,
Von der alten, schönen Zeit?
Ach, die Heimat hinter den Gipfeln,
Wie liegt sie von hier so weit!
Am liebsten betracht ich die Sterne,
Die schienen, wie ich ging zu ihr,
Die Nachtigall hör ich so gerne,
Sie sang vor der Liebsten Tür.
Der Morgen, das ist meine Freude!
Da steig ich in stiller Stund
Auf den höchsten Berg in die Weite,
Grüß dich, Deutschland, aus Herzensgrund!
Oscar Hammerstein
Some Enchanted Evening –
Eines verzauberten Abends
Some enchanted evening
You may see a stranger,
You may see a stranger
Across a crowded room
And somehow you know,
You know even then
That somewhere you'll see her
Again and again.
Some enchanted evening
Someone may be laughin',
You may hear her laughin'
Across a crowded room
And night after night,
As strange as it seems
The sound of her laughter
Will sing in your dreams.
Who can explain it?
Who can tell you why?
Fools give you reasons,
Wise men never try.
Some enchanted evening
When you find your true love,
When you feel her call you
Across a crowded room,
Then fly to her side,
And make her your own
Or all through your life you
May dream all alone.
Once you have found her,
Never let her go.
Once you have found her,
Never let her go!
Friedrich Hölderlin
Sonnenuntergang
Wo bist du? trunken dämmert die Seele mir
Von all deiner Wonne; denn eben ist's,
Daß ich gelauscht, wie goldner Töne
Voll der entzückende Sonnenjüngling
Sein Abendlied auf himmlischer Leier spielt';
Es tönten rings die Wälder und Hügel nach.
Doch fern ist er zu frommen Völkern,
Die ihn noch ehren, hinweggegangen.
Wilhelm Müller
Irrlicht
In die tiefsten Felsengründe
Lockte mich ein Irrlicht hin:
Wie ich einen Ausgang finde,
Liegt nicht schwer mir in dem Sinn.
Bin gewohnt das Irregehen,
's führt ja jeder Weg zum Ziel:
Uns're Freuden, uns're Leiden,
Alles eines Irrlichts Spiel!
Durch des Bergstroms trock'ne Rinnen
Wind' ich ruhig mich hinab,
Jeder Strom wird's Meer gewinnen,
Jedes Leiden auch sein Grab.
Wilhelm Müller
Täuschung
Ein Licht tanzt freundlich vor mir her,
Ich folg' ihm nach die Kreuz und Quer;
Ich folg' ihm gern und seh's ihm an,
Daß es verlockt den Wandersmann.
Ach! wer wie ich so elend ist,
Gibt gern sich hin der bunten List,
Die hinter Eis und Nacht und Graus
Ihm weist ein helles, warmes Haus.
Und eine liebe Seele drin. -
Nur Täuschung ist für mich Gewinn!
Wilhelm Weigand
Sommerabend
Du Sommerabend! Heilig, goldnes Licht!
In sanftem Glühen steht die Flur entzündet.
Kein Laut, der dieses Friedens Lauschen bricht,
in ein Gefühl ist alles hingemündet.
Auch meine Seele sehnt sich nach der Nacht
und nach des Dunkels taugeperltem Steigen
und will nur lauschen, wie in Rosenpracht
die dunklen Himmelsstunden leuchtend schweigen.
Jacek Lukasiewicz
Jeden z widokow morza – Ein Blick aufs Meer
Fala o fale kolejno przebija.
Fala z fala wznosi sie i mija.
Tanczy, wije, czerni sie i mieni.
To ocean o poznej jesieni.
Chlodno..brzeczy morze ciekla stala
Widok przerwie samotny kaszalot.
Morze mu uzycza swego tonu.
On przerywnik na obliczu oceanu
A my w gore, my w dol, my w boki.
Nie gleboki nasz lot,
Nie wysoki.
Drwia i kpia z’nas:
Ten, nie zaginie,
Kto utrzyma sie na tej rowninie.
Joseph von Eichendorff
Der Freund
Wer auf den Wogen schliefe,
Ein sanft gewiegtes Kind,
Kennt nicht des Lebens Tiefe,
Vor süßem Träumen blind.
Doch wen die Stürme fassen
Zu wildem Tanz und Fest,
Wen hoch auf dunklen Straßen
Die falsche Welt verläßt:
Der lernt sich wacker rühren,
Durch Nacht und Klippen hin
Lernt der das Steuer führen
Mit sich’rem, ernstem Sinn.
Der ist von echtem Kerne,
Erprobt zu Lust und Pein,
Der glaubt an Gott und Sterne,
Der soll mein Schiffmann sein!
Friedrich Hölderlin
Ehmals und jetzt
In jüng’ren Tagen war ich des Morgens froh, des Abends weint’ ich;
jetzt, da ich älter bin, beginn’ ich zweifelnd meinen Tag, doch heilig und heiter
ist mir sein Ende.
Johann Wolfgang von Goethe
Anakreons Grab
Wo die Rose hier blüht,
wo Reben um Lorbeer sich schlingen,
wo das Turtelchen lockt,
wo sich das Grillchen ergötzt,
welch ein Grab ist hier,
das alle Götter mit Leben
schön bepflanzt und geziert?
Es ist Anakreons Ruh.
Frühling, Sommer, und Herbst
genoß der glückliche Dichter;
vor dem Winter hat ihn endlich
der Hügel geschützt.
Lugwig Heinrich Christian Hölty
Seligkeit
Freuden sonder Zahl
Blühn im Himmelssaal
Engeln und Verklärten,
Wie die Väter lehrten.
O da möcht ich sein
Und mich ewig freun!
Jedem lächelt traut
Eine Himmelsbraut;
Harf und Psalter klinget,
Und man tanzt und singet.
O da möcht ich sein
Und mich ewig freun!
Lieber bleib ich hier,
Lächelt Laura mir
Einen Blick, der saget,
Daß ich ausgeklaget.
Selig dann mit ihr,
Bleib ich ewig hier!
Franz Schubert
Winterreise
Gute Nacht
Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh' ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.
Das Mädchen sprach von Liebe,
Die Mutter gar von Eh', -
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.
Ich kann zu meiner Reisen
Nicht wählen mit der Zeit,
Muß selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.
Es zieht ein Mondenschatten
Als mein Gefährte mit,
Und auf den weißen Matten
Such' ich des Wildes Tritt.
Was soll ich länger weilen,
Daß man mich trieb hinaus ?
Laß irre Hunde heulen
Vor ihres Herren Haus !
Die Liebe liebt das Wandern -
Gott hat sie so gemacht -
Von einem zu dem andern.
Fein Liebchen, gute Nacht !
Will dich im Traum nicht stören,
Wär schad' um deine Ruh'.
Sollst meinen Tritt nicht hören -
Sacht, sacht die Türe zu !
Schreib im Vorübergehen
Ans Tor dir: Gute Nacht,
Damit du mögest sehen,
An dich hab' ich gedacht.
Die Wetterfahne
Der Wind spielt mit der Wetterfahne
Auf meines schönen Liebchens Haus.
Da dacht' ich schon in meinem Wahne,
Sie pfiff den armen Flüchtling aus.
Er hätt' es eher bemerken sollen,
Des Hauses aufgestecktes Schild,
So hätt' er nimmer suchen wollen
Im Haus ein treues Frauenbild.
Der Wind spielt drinnen mit den Herzen
Wie auf dem Dach, nur nicht so laut.
Was fragen sie nach meinen Schmerzen ?
Ihr Kind ist eine reiche Braut.
Gefror'ne Tränen
Gefrorne Tropfen fallen
Von meinen Wangen ab:
Ob es mir denn entgangen,
Daß ich geweinet hab' ?
Ei Tränen, meine Tränen,
Und seid ihr gar so lau,
Daß ihr erstarrt zu Eise
Wie kühler Morgentau ?
Und dringt doch aus der Quelle
Der Brust so glühend heiß,
Als wolltet ihr zerschmelzen
Des ganzen Winters Eis !
Erstarrung
Ich such' im Schnee vergebens
Nach ihrer Tritte Spur,
Wo sie an meinem Arme
Durchstrich die grüne Flur.
Ich will den Boden küssen,
Durchdringen Eis und Schnee
Mit meinen heißen Tränen,
Bis ich die Erde seh'.
Wo find' ich eine Blüte,
Wo find' ich grünes Gras ?
Die Blumen sind erstorben,
Der Rasen sieht so blaß.
Soll denn kein Angedenken
Ich nehmen mit von hier ?
Wenn meine Schmerzen schweigen,
Wer sagt mir dann von ihr ?
Mein Herz ist wie erstorben,
Kalt starrt ihr Bild darin;
Schmilzt je das Herz mir wieder,
Fließt auch ihr Bild dahin !
Der Lindenbaum
Am Brunnen vor dem Tore
Da steht ein Lindenbaum;
Ich träumt' in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud' und Leide
Zu ihm mich immer fort.
Ich mußt' auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab' ich noch im Dunkeln
Die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier find'st du deine Ruh' !
Die kalten Winde bliesen
Mir grad' ins Angesicht;
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör' ich's rauschen:
Du fändest Ruhe dort !
Wasserflut
Manche Trän' aus meinen Augen
Ist gefallen in den Schnee;
Seine kalten Flocken saugen
Durstig ein das heiße Weh.
Wenn die Gräser sprossen wollen
Weht daher ein lauer Wind,
Und das Eis zerspringt in Schollen
Und der weiche Schnee zerrinnt.
Schnee, du weißt von meinem Sehnen,
Sag', wohin doch geht dein Lauf ?
Folge nach nur meinen Tränen,
Nimmt dich bald das Bächlein auf.
Wirst mit ihm die Stadt durchziehen,
Muntre Straßen ein und aus;
Fühlst du meine Tränen glühen,
Da ist meiner Liebsten Haus.
Auf dem Fluße
Der du so lustig rauschtest,
Du heller, wilder Fluß,
Wie still bist du geworden,
Gibst keinen Scheidegruß.
Mit harter, starrer Rinde
Hast du dich überdeckt,
Liegst kalt und unbeweglich
Im Sande ausgestreckt.
In deine Decke grab' ich
Mit einem spitzen Stein
Den Namen meiner Liebsten
Und Stund' und Tag hinein:
Den Tag des ersten Grußes,
Den Tag, an dem ich ging;
Um Nam' und Zahlen windet
Sich ein zerbroch'ner Ring.
Mein Herz, in diesem Bache
Erkennst du nun dein Bild ?
Ob's unter seiner Rinde
Wohl auch so reißend schwillt ?
Rückblick
Es brennt mir unter beiden Sohlen,
Tret' ich auch schon auf Eis und Schnee,
Ich möcht' nicht wieder Atem holen,
Bis ich nicht mehr die Türme seh'.
Hab' mich an jedem Stein gestoßen,
So eilt' ich zu der Stadt hinaus;
Die Krähen warfen Bäll' und Schloßen
Auf meinen Hut von jedem Haus.
Wie anders hast du mich empfangen,
Du Stadt der Unbeständigkeit !
An deinen blanken Fenstern sangen
Die Lerch' und Nachtigall im Streit.
Die runden Lindenbäume blühten,
Die klaren Rinnen rauschten hell,
Und ach, zwei Mädchenaugen glühten.
Da war's gescheh'n um dich, Gesell !
Kömmt mir der Tag in die Gedanken,
Möcht' ich noch einmal rückwärts seh'n.
Möcht' ich zurücke wieder wanken,
Vor ihrem Hause stille steh'n.
Irrlicht
In die tiefsten Felsengründe
Lockte mich ein Irrlicht hin;
Wie ich einen Ausgang finde,
Liegt nicht schwer mir in dem Sinn.
Bin gewohnt das Irregehen,
's führt ja jeder Weg zum Ziel;
Uns're Freuden, uns're Leiden,
Alles eines Irrlichts Spiel !
Durch des Bergstroms trockne Rinnen
Wind' ich ruhig mich hinab,
Jeder Strom wird's Meer gewinnen,
Jedes Leiden auch sein Grab.
Rast
Nun merk' ich erst wie müd' ich bin,
Da ich zur Ruh' mich lege;
Das Wandern hielt mich munter hin
Auf unwirtbarem Wege.
Die Füße frugen nicht nach Rast,
Es war zu kalt zum Stehen;
Der Rücken fühlte keine Last,
Der Sturm half fort mich wehen.
In eines Köhlers engem Haus
Hab' Obdach ich gefunden.
Doch meine Glieder ruh'n nicht aus:
So brennen ihre Wunden.
Auch du, mein Herz, in Kampf und Sturm
So wild und so verwegen,
Fühlst in der Still' erst deinen Wurm
Mit heißem Stich sich regen !
Frühlingstraum
Ich träumte von bunten Blumen,
So wie sie wohl blühen im Mai;
Ich träumte von grünen Wiesen,
Von lustigem Vogelgeschrei.
Und als die Hähne krähten,
Da ward mein Auge wach;
Da war es kalt und finster,
Es schrien die Raben vom Dach.
Doch an den Fensterscheiben,
Wer malte die Blätter da ?
Ihr lacht wohl über den Träumer,
Der Blumen im Winter sah ?
Ich träumte von Lieb um Liebe,
Von einer schönen Maid,
Von Herzen und von Küssen,
Von Wonne und Seligkeit.
Und als die Hähne krähten,
Da ward mein Herze wach;
Nun sitz' ich hier alleine
Und denke dem Traume nach.
Die Augen schließ' ich wieder,
Noch schlägt das Herz so warm.
Wann grünt ihr Blätter am Fenster ?
Wann halt' ich mein Liebchen im Arm ?
Einsamkeit
Wie eine trübe Wolke
Durch heit're Lüfte geht,
Wenn in der Tanne Wipfel
Ein mattes Lüftchen weht:
So zieh ich meine Straße
Dahin mit trägem Fuß,
Durch helles, frohes Leben
Einsam und ohne Gruß.
Ach, daß die Luft so ruhig !
Ach, daß die Welt so licht !
Als noch die Stürme tobten,
War ich so elend nicht.
***
Die Post
Von der Straße her ein Posthorn klingt.
Was hat es, daß es so hoch aufspringt,
Mein Herz ?
Die Post bringt keinen Brief für dich.
Was drängst du denn so wunderlich,
Mein Herz ?
Nun ja, die Post kommt aus der Stadt,
Wo ich ein liebes Liebchen hat,
Mein Herz !
Willst wohl einmal hinüberseh'n
Und fragen, wie es dort mag geh'n,
Mein Herz ?
Der greise Kopf
Der Reif hatt' einen weißen Schein
Mir übers Haar gestreuet;
Da glaubt' ich schon ein Greis zu sein
Und hab' mich sehr gefreuet.
Doch bald ist er hinweggetaut,
Hab' wieder schwarze Haare,
Daß mir's vor meiner Jugend graut -
Wie weit noch bis zur Bahre !
Vom Abendrot zum Morgenlicht
Ward mancher Kopf zum Greise.
Wer glaubt's ? und meiner ward es nicht
Auf dieser ganzen Reise !
Die Krähe
Eine Krähe war mit mir
Aus der Stadt gezogen,
Ist bis heute für und für
Um mein Haupt geflogen.
Krähe, wunderliches Tier,
Willst mich nicht verlassen ?
Meinst wohl, bald als Beute hier
Meinen Leib zu fassen ?
Nun, es wird nicht weit mehr geh'n
An dem Wanderstabe.
Krähe, laß mich endlich seh'n
Treue bis zum Grabe !
Letzte Hoffnung
Hie und da ist an den Bäumen
Manches bunte Blatt zu seh'n,
Und ich bleibe vor den Bäumen
Oftmals in Gedanken steh'n.
Schaue nach dem einen Blatte,
Hänge meine Hoffnung dran;
Spielt der Wind mit meinem Blatte,
Zittr' ich, was ich zittern kann.
Ach, und fällt das Blatt zu Boden,
Fällt mit ihm die Hoffnung ab;
Fall' ich selber mit zu Boden,
Wein' auf meiner Hoffnung Grab.
Im Dorfe
Es bellen die Hunde, es rasseln die Ketten;
Es schlafen die Menschen in ihren Betten,
Träumen sich manches, was sie nicht haben,
Tun sich im Guten und Argen erlaben;
Und morgen früh ist alles zerflossen.
Je nun, sie haben ihr Teil genossen
Und hoffen, was sie noch übrig ließen,
Doch wieder zu finden auf ihren Kissen.
Bellt mich nur fort, ihr wachen Hunde,
Laßt mich nicht ruh'n in der Schlummerstunde !
Ich bin zu Ende mit allen Träumen.
Was will ich unter den Schläfern säumen ?
Der stürmische Morgen
Wie hat der Sturm zerrissen
Des Himmels graues Kleid !
Die Wolkenfetzen flattern
Umher im matten Streit.
Und rote Feuerflammen
Zieh'n zwischen ihnen hin;
Das nenn' ich einen Morgen
So recht nach meinem Sinn !
Mein Herz sieht an dem Himmel
Gemalt sein eig'nes Bild -
Es ist nichts als der Winter,
Der Winter kalt und wild !
Täuschung
Ein Licht tanzt freundlich vor mir her,
Ich folg' ihm nach die Kreuz und Quer;
Ich folg' ihm gern und seh's ihm an,
Daß es verlockt den Wandersmann.
Ach ! wer wie ich so elend ist,
Gibt gern sich hin der bunten List,
Die hinter Eis und Nacht und Graus,
Ihm weist ein helles, warmes Haus.
Und eine liebe Seele drin. -
Nur Täuschung ist für mich Gewinn !
Der Wegweiser
Was vermeid' ich denn die Wege,
Wo die ander'n Wand'rer geh'n,
Suche mir versteckte Stege,
Durch verschneite Felsenhöh'n ?
Habe ja doch nichts begangen,
Daß ich Menschen sollte scheu'n, -
Welch ein törichtes Verlangen
Treibt mich in die Wüstenei'n ?
Weiser stehen auf den Wegen,
Weisen auf die Städte zu.
Und ich wandre sonder Maßen
Ohne Ruh' und suche Ruh'.
Einen Weiser seh' ich stehen
Unverrückt vor meinem Blick;
Eine Straße muß ich gehen,
Die noch keiner ging zurück.
Das Wirtshaus
Auf einen Totenacker
Hat mich mein Weg gebracht;
Allhier will ich einkehren,
Hab ich bei mir gedacht.
Ihr grünen Totenkränze
Könnt wohl die Zeichen sein,
Die müde Wand'rer laden
Ins kühle Wirtshaus ein.
Sind denn in diesem Hause
Die Kammern all' besetzt ?
Bin matt zum Niedersinken,
Bin tödlich schwer verletzt.
O unbarmherz'ge Schenke,
Doch weisest du mich ab ?
Nun weiter denn, nur weiter,
Mein treuer Wanderstab !
Mut
Fliegt der Schnee mir ins Gesicht,
Schüttl' ich ihn herunter.
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing' ich hell und munter.
Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren;
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Toren.
Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter !
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter !
Die Nebensonnen
Drei Sonnen sah ich am Himmel steh'n,
Hab' lang und fest sie angeseh'n;
Und sie auch standen da so stier,
Als wollten sie nicht weg von mir.
Ach, meine Sonnen seid ihr nicht !
Schaut ander'n doch ins Angesicht !
Ja, neulich hatt' ich auch wohl drei;
Nun sind hinab die besten zwei.
Ging nur die dritt' erst hinterdrein !
Im Dunkel wird mir wohler sein.
Der Leiermann
Drüben hinterm Dorfe
Steht ein Leiermann
Und mit starren Fingern
Dreht er was er kann.
Barfuß auf dem Eise
Wankt er hin und her
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.
Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.
Und er läßt es gehen,
Alles wie es will,
Dreht, und seine Leier
Steht ihm nimmer still.
Wunderlicher Alter !
Soll ich mit dir geh'n ?
Willst zu meinen Liedern
Deine Leier dreh'n ?